Bis zum Ragnarök treu…

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Damals, ich meine vor Zeiten bevor die Zeit begann… konnten die Wölfe noch reden, sie wurden damals noch zwei Menschenalter alt und Odin liebte sie. Odins Götterwolf Fenris war der, der sie alle anführte und auch mit den Geistern wandelte. Er war der einzige der Wölfe, der in den Wolken wandelte, denn den irdischen Wölfen war zu dieser Zeit der Himmel mit seinen Wolken und dem Walhall verboten. Und doch, Odin liebte sie wirklich!

Dann kamen neue Wesen in die Lande, verletzlich und zahlreich.

Die Wölfe beobachteten die Zweibeiner interessiert, aber auch vorsichtig. Fenriswolf gebot ihnen, auf Odins Geheiß, die Neuankömmlinge zu schonen, aber im Auge zu behalten.

Oft unterhielten sich die Wölfe darüber, ob man nun Mitleid mit diesen (wie sie sich nannten) „Menschen“ haben, sie fürchten oder einfach ausrotten sollte.

Geri und Freki, die Leitwölfe unter Fenris fürchteten diese neue Rasse, sie fürchteten sie so sehr, dass sie ihre Rudel sammelten, um all die Zweibeiner zu töten um sich so selbst zu schützen.

Als die Rudel sich zusammengeschlossen hatten um diese Wesen zu jagen, verdunkelte sich der Himmel. Der Wind heulte so laut, dass die Wölfe sich fest an den Boden kauerten. Doch es war Fenriswolfs Heulen, der mit einem der vier Winde gekommen war! Donnernd brach seine Stimme aus den Wolkentürmen: „Was wagt ihr euch, das Wort Odins und auch Meines zu missachten? Geht zurück in die Wälder und tragt eure Strafe die ich euch auferlege!“ Die Wölfe winselten und jammerten um Gnade. „Ihr werdet fortan das Lebensalter jener Menschen teilen, so nehme ich euch die Hälfte eurer Tage um euch Reue zu lehren“ Ein Donnerschlag ließ die Wolken verschwinden, der Wind und Fenriswolf waren entschwunden und verstummt …

Die Wölfe zogen zurück in die Wälder.

Der Rat der Ältesten aller Rudel berieten sich, wie man den Zorn des Fenris wieder besänftigen könne, fanden aber keine Lösung.

Da trat einer der Welpen vor den Rat, er sprach: „bringt mich zur Höhle der Menschen, dort werden sie mich finden. Wenn sie mir nichts tun, werden sie mich sicher bei sich aufnehmen. Dann … kann ich sehen was sie denken, kann sehen wie sie fühlen und ich werde herausfinden wie Fenris sich erweichen lässt, unsere Strafe zu mildern.“

Der Rat beschloss nach Nächten voller Zweifel, dem Jungen seinen Wunsch zu gewähren, doch sollte er von den anderen Welpen seines Wurfes begleitet werden, aber das Sprechen sollte ihnen verboten sein.

So geschah es.

Die Menschen fanden die scheinbar hilflosen Welpen und nahmen sie mit in ihren Unterschlupf. Argwöhnisch beobachteten die alten Wölfe dies aus der Ferne!

Doch nichts Böses geschah den Kleinen. Die Welpen der Menschen spielten jeden Tag mit den Wolfswelpen, selbst die Jäger und Weiber der Menschen kosten und tobten mit ihnen. So wuchsen sie heran und wurden Freunde.

Die alten Wölfe beobachteten weiter. Generationen lang ließen sie immer wieder die aus ihren Rudeln zu den Menschen gehen, die es gerne wollten. Odin und Fenriswolf schickten jahrhundertelang ihren Seelensammler um die Menschen und  Wölfe zu sich zu holen. Menschenalter um Menschenalter verging, so wuchs das Vertrauen und die Liebe zwischen den so unterschiedlichen Erdenwesen.

Jeder Wolf suchte sich einen Menschen aus, dem er bedingungslos verfiel. Liebe und Treue bis in den Tod, es war den Wölfen kein Opfer zu viel um den Menschen glücklich zu machen, zu beschützen und ihm zur Seite stehen zu dürfen … und Odin liebte sie dafür.

Doch die Wölfe blieben oft zurück wenn ihr Mensch geholt wurde, allein und vor Trauer sterbend. Das schien der Preis dafür zu sein, dass Fenriswolf irgendwann seinen Fluch zurück nehmen würde.

So kamen die Wölfe aus dem Wald und Diese zusammen, die sich dem Menschen verschrieben hatten.

Der große Rat heulte im Lichte des Vollmondes, auf dass Fenriswolf und Odin sich zeigen. Im Schimmer des Nordlichtes erschienen Beide. „Ihr habt uns gerufen? Wir sind gekommen, weil ihr uns wohl gefallt, so sprecht aus eure Bitten und wir werden euch Eine davon gewähren …“ So baten die Wölfe darum das Trauern der Menschenwölfe zu mildern, dass sie nicht allein zurückbleiben wenn ihr geliebter Mensch stirbt, da sie ja doch aus Trauer, kurz nach ihm ihr Leben aushauchen würden. Auch dass die Freundschaft auf ewig halte zwischen den Zweibeinern und dem Wolfe. Auch solle gewährt sein, dass ein Wolf seinen Menschen erretten könne vor dem Schnitt des Seelensammlers, so seine Zeit gekommen sei. Demütig erwarteten sie die Antwort der Götter.

So sprach Odin: “ Es sei wie ihr wollt. Ewig soll die Freundschaft sein zu dem Menschen, und ewig die Seine zu euch. So gebe ich euch nun einen neuen Namen, Hunde aus dem Wolfsstamm sollt ihr sein, Ehre Stolz und Treue sei eure Größe, aber dafür sei euch bis zum Tage des Ragnarök verboten noch einmal zu reden! Doch will ich euch auch gewähren eure Menschen zu retten vor dem Griff meines Seelensammlers. Wenn des Menschen Zeit kommt, so wird der Seelensammler vor euch stehen und euch fragen: Er oder du… ?

So sei euch gewährt zu entscheiden. Ich verspreche euch, das er nicht alle Jahre kommen wird, aber wisset, dass er nach fünfzehn Jahren seinen Seelenbeutel neu füllen muss! Aber auch die Wölfe dürfen nur so lange auf dieser Welt wandeln, so ihr es auch tut. Geht Einer von euch anstelle seines Menschen, wird auch ein Wolf mit Fenris in die Wolken gehen.

Das ist meine Bedingung doch auch mein Geschenk an euch … fortan, so ihr zustimmt, werdet auch ihr Himmelsgänger sein und in den Wolken auf die Menschen warten dürfen, denn das was man Seele nennt, schenke ich euch nun als Dank dafür, dass ihr dem Menschen Treue und Liebe schenkt. Denn wo solche Liebe ist, kann auch eine Seele wohnen die der Ewigkeit geweiht ist“

Fenriswolf nickte und alle Wölfe berieten sich erneut.

So geschah es, das Wölfe und die, die fortan des Menschen Hunde waren, den Kopf senkten und auf Odins Bedingungen eingingen.

Vor Zeitaltern ist dies geschehen, und nur die Menschen, die doch gar nichts von jener nächtlichen Zusammenkunft ahnen, sie bereuen und beweinen seither das was geschieht.

Sie weinen und ahnen nichts von dem Opfer, das ihre Hunde für sie gerne hingeben.

So oft kommt der Seelensammler und fragt den Hund eines Menschen nach seiner Entscheidung: „Dein Mensch oder du“

Doch noch nie hat ein Hund den Menschen mit dem Schnitter gehen lassen, so dass Dieser sein Menschenalter nicht leben darf.

IMMER,  ja immer ist es seither der Hund, der anstelle des geliebten Menschen mit dem Sammler zu Fenriswolf geht, und mit ihm in den Wolken verschwindet. Dort wartet er dann, bis sein Mensch dann, nach Jahren zu ihm kommt und ihn wieder in seine Arme schließt.

Ja, kein Mensch vergisst den Hund, der ihm Freund und Leben war.

Und oft würde lieber er gehen als dass er seinen Hund dem Schnitter überlassen würde… DOCH IHM … steht diese Entscheidung nicht zu, weil er nicht gefragt wird! So entschied es Odin nunmal vor Ewigkeiten.

Wie sehr der Hund ihm Leben war, erfährt er erst dann, wenn Fenriswolf ihm diese Geschichte hier erzählt.

Erst dann weiß der Mensch, wie groß das Opfer der Hunde und Wölfe war und heute noch ist… dass kein Hund und kein Wolf mehr älter als die von Odin gewährte Spanne wird. Nur selten lässt er den Seelensammler noch Eines oder zwei Jahre warten, die Frage zu stellen, nur sehr selten. Ja, wenn der Mensch zerbrechlich scheint, kann es sogar sein, dass der Seelensammler ihn vor der Zeit besucht, das geschieht leider oft, so dass der Abschied noch schmerzlicher ist als dann wenn die Zeit das Alter für den Gefährten brachte

Die Entscheidung, anstelle des Menschen zu gehen, ist dem Hund freigestellt. Aber die Liebe zu ihrem Menschen ist so groß dass sie immer gerne für ihn in die Wolken gehen und ihren Wolfsbruder mit sich nehmen. So ist es seit Zeiten, und so wird es noch Zeiten bleiben.

So ist das Lebensalter der Hunde von zwei Menschenaltern auf diese kurze Zeit geschrumpft. Aber nur der Mensch, nicht der Hund reut es… der Hund gibt in Treue und Liebe gerne alles hin! Für den Menschen ist der Hund ein Teil des Lebens … doch für den Hund IST der Mensch seither das Leben.

Nur seinem Menschen gehört seine Liebe, über den Tod hinaus, denn die Liebe bleibt für immer…

Und wenn der Mensch, der den Hund, den er verloren hat und doch noch so liebt, im Morgen- und im Abendrot ganz genau hin schaut, dann kann er Fenriswolf sehen. Fenris, der in den Wolken aufpasst, dass sich die Liebe irgendwann wieder findet.

Und eines Tages werden sie als Wolkengänger über die Himmel der Welt wandern und es wird keine Trennung mehr geben! Herrchen und Hund vereint.

Dann, wenn es keine Trennung mehr gibt …

Denn Odin liebt sie alle, Wolf, Hund … und auch den Menschen…

bis zum Ragnarök

 

(© copyright by Michael Losert, Amando, Ritter zur Altebur Draconi 2018)