Ellen und ihr Weg
Ja es gibt sie auch bei uns, jeder Verein kennt das Problem, Pflegestellenversager 😊 Immer wieder kommt es dann doch vor, dass ein Hund bei Krambambulli nicht nur auf der Waisencouch landet oder vermittelt wird, sondern vollkommen von der Pflegestelle übernommen wird. Auch hier freuen wir uns immer riesig um die gelungene Vermittlung, auch wenn der Verein dadurch Gefahr läuft, evtl. eine Pflegestelle zu verlieren. Ebenso haben wir auch aktive Mitglieder, die sich bewusst für einen bestimmten Hund entscheiden und direkt ein Zuhause auf Lebenszeit anbieten.
Ende 2020 stellte ich fest, dass meine Lebenshündin Abbey, Gr. Münsterländer x Labrador, mit 15 Jahren nicht mehr wirklich spazieren kann, an den Hundesport war schon länger nicht mehr zu denken. Auch unser damals 1-jähriger Schäferhundrüde Ace nervte die alte Dame mehr als offensichtlich. Obwohl er es immer gut meinte, waren seine Annäherungsversuche und Spielaufforderungen, von der alten Dame mehr als störend empfunden. Da mein Mann im Hunde Sport Ace führt und mich Abbey nicht mehr in der Freizeit und Sport begleiten konnte, entstand der Wunsch nach einem Dritthund. Ja, auch wir hielten es ganz lange so, dass ich mir erst einen neuen Hund zulege, wenn unsere alte Dame nicht mehr sein sollte. Aber aufgrund ihres allgemeinen guten Zustandes, werden wir hoffentlich unsere Abbey noch lange bei uns haben.
Aber auch als aktives Mitglied bei Krambambulli , schaut man sehr vorsorglich welches Potenzial die Pfleglinge des Vereines mitbringen und ob sie in unsere Familie passen würden. Das Ergebnis war eher sehr ernüchternd, denn alle Hunde, die ich interessant fand, waren Rüden und somit eher nicht so das passende für unseren intakten Ace. Im Januar 2021 gab es dann die ersten Fotos von Ellen. Gabi Winter fragte die Aktiven, wer denn für diese junge soziale DK-Hündin Pflegestelle bieten könnte. Zu dem Zeitpunkt waren die Pflegestallen gut besetzt (wie immer eigentlich), so dass ich ganz spontan gesagt habe, ich kläre das mal Zuhause ab und dann schauen wir mal weiter. Nach dem ich mit meinem Mann gesprochen habe und ihm gleich auch eröffnete, dass wenn sich alle Hunde vertragen und die Hündin sich von den Veranlagungen her positiv zeigt, ich sie dann gerne behalten würde.
Naja, was soll ich sagen, er war nicht vollkommen begeistert aber nach Abwägen aller Vor und Nachteile, trafen wir zusammen eine positive Entscheidung. Als das ok für die Pflegestelle durch war und ich dies Gabi Winter mitteilte, war sie sichtlich erleichtert dieser jungen Hündin schnell helfen zu können. Als sie dann noch erfuhr, dass Ellen auch die Option zum Bleiben hat, kam nur ein: „Nicole, nach 8 Jahren aktive Zeit im Verein, wird es auch endlich Zeit das ein Krambambulli bei dir einzieht.“
Anfang Februar war es dann so weit, der Transport mit dem Ellen kam stand fest und das Abenteuer konnte beginnen. Nun nicht das Abenteuer Pflegestelle, sondern Abholung eines Hundes vom Trapo, 150 km von zu Hause weg, bei der damaligen amtlichen Corona Ausgangssperre von 22-6 Uhr, nachts durch die Gegend zu fahren. Mit Genehmigung dieser Fahrt, vom Transporteur und von Krambambulli, ging es morgens um 1 Uhr los. Bis auf eine Kontrolle der Bundespolizei auf der Autobahn, wo man mir ins Auto leuchtete während der Fahrt, bin ich ohne Probleme beim Treffpunkt angekommen. Nun hieß es warten, warten, warten…. Und dann war der Transport da und ich bekam Ellen samt ihren Papieren in die Hände gedrückt. Sie wirkte für ihr Alter recht klein, aber ok jetzt erstmal nach Hause, damit der Hund endlich sich von seiner langen Reise erholen kann.
Nach ein paar Stunden schlafen und eigenartigem Verhalten von Ellen sind wir dann erstmal in die Tierklinik gefahren, mit Verdacht auf Verstopfungen. Das Problem haben wir gelöst, aber das gewölbte Stehen und verhaltene Kotabsetzten blieb. Nach 2 Wochen hatten wir dann Ellen das 1. Mal geröntgt. Viel Luft im Bauch und Darm, also weiter Diät. Mitte März wurde Ellen das 2. Mal geröntgt, da sie immer noch z. T. sehr verhalten lief und oft mit krummen Rücken dastand. Mein Gefühl sagte mir da ist mehr im Argen als Luft im Bauch. Unsere Tierärztin hatte sofort zugestimmt und so wurde der Hund geröntgt.
Die Hüfte war Top, bis auf das Ellen noch jede Menge Wachstumsfugen aufwies, so dass die Tierärztin ihr Alter auf 6-8 Monate runterschraubte. Nun das mit dem Alter hat mich nicht sehr überrascht, da sich Ellen eh noch, wie ein Baby verhielt, bei Ace alle Narrenfreiheiten der Welt hatte und auch ihr Fell und ihre Größe nicht des angegebenen Alters entsprach. Okay, ist ja nicht weiter tragisch, auch wenn man bewusst sich so einen jungen Hund nicht ausgesucht hätte. Tja und dann kam die Keule mit der schlechten Nachricht. Nach der BWS wies Ellen eine Stelle am Wirbel auf, wo die Tendenz dazu ging, dass dieser Wirbel zumindest angebrochen ist. Gut, wir hatten jetzt einen Befund, warum der Hund weder ins Auto, aufs Bett oder über Bäume hüpfte. Natürlich war das ein Schock, denn ich wollte doch einen fitten Hund, mit dem ich all das machen kann, wozu meine alte Seelenhündin nicht mehr in der Lage war. Großer Rat teuer, mehrere Meinungen angehört und auf Grund des Alters uns erstmals dazu entschlossen nichts zu tun, außer Ellen mit Nahrungsergänzung und Schmerzmittel das Ganze etwas erträglicher zu machen. Ich war kurzzeitig am Zweifeln, ob ich Ellen überhaupt behalten mag, da sie ja evtl. nicht das kann, wofür ich gesucht hatte. Diese Frage stellte sich aber nicht lange, denn Ellen zeigte deutlich, dass sie es mit unserer Beziehung sehr ernst meinte. Sie hat sehr starke Bindung aufgebaut und mir von Anfang an sehr vertraut. Selbst mein Mann meinte: „Nicole die können wir nicht mehr hergeben“. Also blieb Ellen nicht auf Pflegestelle, sondern wechselte direkt in ihr für immer Zuhause. Hier sei erwähnt, dass Ellen nicht offiziell auf der Homepage auf Pflegestelle aufgetaucht ist, war ihrem Rücken geschuldet. Hunde, die in so einem nicht abschätzbaren Gesundheitszustand sind, bleiben meist erstmal länger auf der Pflegestelle, bis sie zur Vermittlung freigegeben werden. Die Entscheidung Ellen zu übernehmen fiel bevor klar war, wie es mit ihrem Rücken weiter geht.
1 Jahr und 3 Monate später kann ich nur sagen, wir bereuen nix. Gesundheitlich steht Ellen sehr gut da, von ihren anfänglichen Problemen mit dem Rücken merkt man gar nichts mehr. Sie hüpft, springt und spielt was das Zeug hält. Schaft es den Schäferhund tot zu spielen, so dass die ehemalige „Nervensäge“ Ace, jetzt seine eigene Nervensäge gefunden hat. Die gute alte Abbey ist immer noch da und profitiert wahrscheinlich am meisten davon, dass Ellen eingezogen ist. Denn der Rüde hat nicht mehr das Bedürfnis von der alten Lady beachtet und bespaßt zu werden.
Und ich? Ich bin sehr froh, dass Ellen da ist und alles gut geworden ist und wir ein sehr aktives Miteinander und keinerlei Einschränkungen mehr haben. Charakterlich eine Top Hündin, die Blitz gescheit ist und einen extremen Arbeitseifer hat. Sie ist, wie so oft in manchen Situationen vorsichtig, aber sucht bei Angst oder Zweifel immer meine Nähe. Der Hundeplatz wird glaub ich nie ihre Lieblingsbeschäftigung, aber sie gibt alles für mich. So können wir stolz berichten, dass wir im Mai 2022 die Begleithundeprüfung abgelegt haben. Und da der Maus der Hundeplatz nicht ganz so zusagt, haben wir etwas gefunden, was uns ganz dolle Spaß macht. Ich hoffe, dass wir uns darin hoffentlich weiterhin gut schlagen werden. Seit Februar 2022 besuchen wir die Rettungshundestaffel Rottal Inn vom BRK. Die Skepsis war am Anfang schon da, denn Tierschutzhund und offen auf Menschen zugehen, ist nicht selbstverständlich. Aber Ellen hat mit ihrer offenen freundlichen Art sehr gut gezeigt, dass auch ein Tierschutzhund aus dem Ausland den Start in die Rettungshundearbeit wagen kann und mit viel Freude dabei ist.
Zum Schluss möchte ich auch noch Danke sagen. Danke an meinen Mann der mich über Krambambulli kennen gelernt hat und mich und den Verein bis heute unterstützt, Danke an Elisabeth dass auch ein 4. Hund bei uns ein Zuhause finden konnte, Danke an meinen Chef und Arbeitskolleginnen die Ellen gerne im Büro haben und sich auch um sie kümmern falls die Dame Pippi muss und ich grad nicht kann, Danke an die RHS Rottal Inn dass ihr uns mit offenen Armen aufgenommen habt und zu aller Letzt Danke an uns Krambambullis, denn wir ermöglichen jeden Tag, dass es so tolle Geschichten gibt.